Es sind noch 11 Tage bis zu meinem Abflug. Die allermeisten Vorbereitungen sind nun abgeschlossen. Impfungen, Malaria-Prophylaxe und Reise-Apotheke sind erledigt und gut gefüllt. Auch habe ich Wasserfilter und Wasser-Desinfektion dabei und bin auch gut auf die hohe Sonneneinstrahlung und die Malaria-Gefahr mit Netzen und Sprays zur Mückenabwehr vorbereitet.
Doch was ist sonst passiert. Seit gut einer Woche wohne ich jetzt wieder Vollzeit bei meinen Eltern, dadurch ist auch öfter nochmal gemeinsam über die bevorstehende Zeit und auch ein möglicher Besuch meiner Familie besprochen worden. Mein Papa ist daraufhin in seiner Recherche die Seiten des Auswärtigen Amts durchgegangen und war danach wirklich erschüttert, was er da lesen musste.
Und hat mich gefragt, ob ich mir den Inhalten der Seite bewusst bin. Ich antwortete mit ja. Ich habe die Seiten ebenfalls gelesen, wahrscheinlich aber mit einer anderen Brille. Ich hatte die Brille „Es wartet ein Abenteuer auf mich“ zusammen mit „Ich möchte meinen Vorurteilen begegnen“ auf. Die anderen Informationen, dich ich über Ghana - und vor allem über die Menschen - mitbekommen habe, fielen durchweg positiv aus. Mir war ganz klar bewusst, dass ich keine europäischen Standards erfahren werde und Dinge wie Taschendiebstahl oder Stromausfälle in der Stadt keine Seltenheit.
Nun stellt sich mir aber die Frage; bin ich an das Thema zu naiv herangegangen? Bin ich wirklich vorbereitet auf die Zeit dort und ist mein gesundheitlicher (psychischer) Zustand stabil genug, um dort eine gute Zeit zu erleben?
Bin ich „angesteckt“ von den Sorgen meiner Eltern oder ist jetzt nur ein Zeitpunkt, an dem die stillen Sorgen lauter werden und Gehör finden?
Und wie finde ich heraus, was ich wirklich denke und fühle? Aus den letzten Jahren habe ich mitgenommen, dass mir große Entscheidungen meist extrem schwer fallen, vor allem unter Drucksituationen. Und meine „Begabung“, verschiedene Perspektiven beleuchten zu können und Herausforderungen mit unterschiedlichen Herangehensweisen anzugehen, machen es mir in dieser Situation schwerer, in den vielen Stimmen das Herz zu hören und in den vielen Gefühlen das Bauchgefühl wahrzunehmen.
Zieht es mich wirklich nach Ghana oder möchte ich nur vorweisen (oder auch mir selbst beweisen), dass ich stark und erfahren genug bin, um so ein Auslandssemester zu absolvieren?
Wie gehe ich mit Ungerechtheiten um, wenn mir doch schon in der Bonner Innenstadt zu schaffen macht, wenn Menschen auf der Straße leben und betteln, oder offensichtlich drogenabhängig sind.
Meiner Ansicht nach kann ich mich jetzt hier in dieser Trockenübung noch ewig im Kreis drehen und werde für dei verschiedenen Standpunkte, das Für und Wider, genug Argumente finden. Ich denke, mit Argumenten komme ich hier nur bedingt weiter. Ich gehe nach Accra an eine Uni, bei der ich in einem gesichterten Wohnheim mit 24/7 Security leben werde. Wenn mir also alles dort spanisch vorkommt und ich mich unsicher fühlen sollte in der Hauptstadt, gibt es immer noch den großen Campus mit international Programme Office, mit Märkten und Gemeinden und meinen Kursen, die ich dort belegen kann.
Und wenn auch das nicht reicht, nehme ich mir den Druck raus, indem ich mit vorbehalte, das Semester jederzeit abbrechen zu können, wenn es mir nicht gut tut.
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