Düsseldorf/ London/ Accra.
Die Nacht ist kurz und die Wartezeit lang. Also eher mäßig voll, es geht nur langsam voran. Und dann kommt der Abschied. Mir kullern ein paar heiße Tränen über die Wangen, und dann geht alles ganz schnell. Beim Security-Check gibt es keine Wartezeit und neue Technologie sorgt dafür, dass ich weder Rucksack noch Koffer öffnen muss. In London angekommen geht es dann nochmal durch Security. Der Flughafen ist gut besucht. Alles scheint gut koordiniert zu sein. Ich hab aber genug von den Menschen und der Schlafmangel macht sich bemerkbar. Meine Augen leuchten auf, als ich die Beschilderung zur Quiet Area entdecke. Und diese ist nicht nur das - quiet - sondern bietet auch noch einige Liegen mit Tischchen nebenan und Lademöglichkeiten. Da hole ich doch tatsächlich Kissen und Schlafmaske raus und döse ein paar Minütchen vor mich hin. Dann werden noch kurz ein paar US Dollar am ATM geholt - für den Fall der Fälle, ist das sicher besser als nur Euros dabei zu haben.
Als dann das Gate feststeht, heißt es nochmal U-Bahn fahren - unter den Flugzeugen her. Langsam meine ich auch erkennen zu können, dass noch einige aus meinem Flieger sich auf den Weg gemacht haben. Ich bin mittlerweile sehr entspannt und kaufe noch etwas ein, die Preise sind überraschend niedrig und ich bin sehr happy. Beim Boarding stelle ich dann fest, dass es eine ganz schön enge Sache wird und wünsche mir, ich hätte den Aufpreis zur Premium Economy Class wahrgenommen und einen verstellbaren Einzelsitz gebucht. So sitze ich am Fenster einer engen 3er-Reihe und ich komme gut ins Schwitzen, während wir in Parking Position sind. Doch das Glück ist auf meiner Seite und ein Sitznachbar kann noch in eine leere Reihe wechseln. So ist der mittlere Platz frei und während ich diese Zeilen tippe, bin ich entspannt über französischem Festland. Ich hab gestrickte Socken an (danke Mama Rothe) und bin mit Decke und Kissen eingekuschelt. Dass ich in sechs Stunden dann tatsächlich auf afrikanischem Boden mit tropischer Luft sein werde, ist immer noch nicht ganz greifbar. Ich denke, das liegt auch an der Reiseart. Bei 902 km/h kommt vielleicht der menschliche Verstand nicht ganz mit. Aber ich bin mir sicher, dass er mir schnellstmöglich hinterher reist.
Wie es heute abend wohl wird, wenn ich im Hostel auf ein paar neue Gesichter treffe? und freue mich aber auch, mir mein Zimmer einzurichten. Zum Glück haben einige tolle Menschen dafür gesorgt, dass ich ein paar nette Fotos von schönen Momenten im Gepäck habe. Das wird es mir sicherlich leichter machen, mich dort heimisch zu fühlen.
Außerdem bin ich gerade schon wieder etwas philosophisch unterwegs. Ich frage mich, wie ich wohl in ein paar Monaten auf diese Zeilen zurückblicke. Ich werde mir sicher naiv vorkommen, das ist schon oft so gewesen. Ich selbst habe mich da oft für verurteilt und mir dann Druck gemacht, möglichst cool und allwissend an verschiedene Reiseziele und -Arten zu gehen. Bei dieser Reise werde ich noch ein Stück mehr versuchen, den Druck rauszunehmen. Anderes geht es hier auch sicher nicht. In den Versuchen, mich auf diese Reise vorzubereiten, habe ich auch gedacht, dass es sicher unmöglich wird, wirklich vorbereitet zu sein.
Ja, ich spreche die Amtssprache. Ja, ich kenne mich sicherlich mit tropischer Landwirtschaft aus und ja, ich habe einen geografischen Eindruck von dem Land und den Leuten.
Aber, Naivität wird sicher eine treue Begleitung. Denn, ich spreche kein Twi, kein Akan. Ich weiß nicht, wie man die Preise runterhandelt, wenn einem Obrini ein viel zu hoher Preis vorgeschlagen wird. Ich weiß nicht, wie ich die tropischen Temperaturen und das lokale Essen vertrage. Ich kann nicht wissen, ob die Uni-Kurse meine Erwartungen erfüllen und das Freizeitprogramm gut wird. Aber ich versuche, offen an diese Themen ranzugehen und ab und an hier mal kleine Zwischenstände festzuhalten, für die Daheimgebliebenen, und für mich.
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